Die berufliche Vorsorge ist kein Spielball der Politik

Publireportage 09/2020 - IHK St.Gallen-Appenzell

 

Seit Jahren sind die stetig steigenden Pensionierungsverluste von Pensionskassen ein Dauerthema in den Medien. Gleichzeitig erklimmen die Deckungsgrade der meisten Pensionskassen jährlich neue Höchststände. Der durch die Corona-Pandemie verursachte Einbruch der Anlagemärkte hat aufgezeigt, wie wichtig eine ausreichend geäufnete Wertschwankungsreserve ist. Und genauso wichtig ist es, dass diese Reserven nicht von stetig steigenden Pensionierungsverlusten weggefressen werden, sondern dem Auffangen von Wertschwankungen dienen. Die Politik hat zwar die aktuellen Pensionierungsverluste teilweise mitverursacht, die Reduktion der selbigen ist jedoch Sache der Pensionskassen.

Diese Situation darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass vor allem BVG-nahe Kassen – also Kassen, die nur das gesetzliche Leistungsminimum erfüllen – in einem ziemlichen Dilemma stecken, welches von der Politik verursacht wurde und mit der aktuell geplanten BVG-Reform bereits im zweiten Anlauf (zumindest teilweise) gelöst werden soll. Sich nun auf den Standpunkt zu stellen, dass es Sache der Politik ist, das Problem zu lösen, greift zu kurz. Unser System der dezentral organisierten beruflichen Vorsorge ermöglicht beziehungsweise verlangt sogar, dass jede Pensionskasse ihre Leistungserbringung eigenständig finanziert. Diesem Umstand trägt das oberste Organ vermehrt Rechnung und beschliesst eigenverantwortlich Massnahmen, welche sowohl in der letzten als auch in der aktuellen BVG-Reform ebenfalls vorgesehen sind. Es sind dies;

1. Senkung des Rentenumwandlungssatzes

2. Erhöhung der Sparbeiträge

 

Insbesondere Letzteres erfolgt nicht nur zu dem Zweck, das Rentenniveau aufgrund der Senkung des Umwandlungssatzes stabil zu halten, sondern in den meisten Fällen vielmehr deshalb, weil eine Umwandlungssatzsenkung ohne gleichzeitige Sparbeitragserhöhung oftmals nur einen geringen Effekt auf die Pensionierungsverluste hat.
Die Ursache für diesen beschränkten Effekt ist in Fachkreisen wohl bekannt. Da von Gesetzes wegen die Mindestaltersrente auf Basis des obligatorischen Guthabens multipliziert mit dem gesetzlichen Mindestumwandlungssatz von zurzeit 6,8% berechnet werden muss, hat eine Senkung des reglementarischen Umwandlungssatzes nur dann den gewünschten Effekt, wenn die Differenz zwischen obligatorischem Altersguthaben und effektiv vorhandenem Altersguthaben (also inkl. des überobligatorischen Teils) ausreichend gross ist. Das Beispiel unten verdeutlicht dies.
 

Die Pensionskasse steckt nun im Dilemma, dass sie den Umwandlungssatz zwar von 6,1% auf 5,0% senken kann, damit aber nicht den Effekt erzielt, den sie gerne hätte. Dieses Problem kann die Pensionskasse nur lösen, indem sie die Sparbeiträge und damit den überobligatori­schen Teil des Altersguthabens erhöht.

Im Grundsatz hat die Politik in der letzten (ab­gelehnten) und aktuellen BVG-Reform nichts anderes im Sinn. Sie will die Sparbeiträge er­höhen und gleichzeitig den Umwandlungssatz senken. Die Realität zeigt, dass die Pen­sionskassen nicht darauf warten können, bis sich die Politik und dann allenfalls das Stimm­volk dazu durchgerungen haben, einen mehrheitsfähigen Beschluss zu fällen. Die obersten Organe der Pensionskassen sind für das finan­zielle Gleichgewicht ihrer Vorsorgeeinrichtung verantwortlich. Sie müssen also das oben be­schriebene Problem in jedem Fall lösen, ob mit oder ohne Unterstützung der Politik, und das tun sie auch. Wir haben in den vergangenen vier Jahren einen Grossteil unserer Kunden bei der Ausarbeitung der notwendigen Regle-mentsanpassungen unterstützt und begleitet. Die von der Assurinvest AG verwalteten Pensions­kassen haben ihre Hausaufgaben gemacht und können der nächsten BVG-Reform gelas­sen entgegensehen.

 

Michael Schmidt, Leiter Pensionskassenberatung, Mitglied der Geschäftsleitung